68 – Das Ende des Zaubererkrieges

Roy setzte zum Todesfluch an: „Avada…“

„Roy, du hast mir geschworen, keine Schwarze Magie zu treiben!“, herrschte Hermine ihn in einem Tonfall an, der nicht ihr eigener war. „Und wie oft habe ich dir eingeschärft, dass du den Zorn haben darfst, aber der Zorn niemals dich?!“

Roy ließ den Zauberstab wieder sinken, fassungslos.

Was haben Sie eben gesagt?“

Hermine schüttelte verwirrt den Kopf.

„Ich? Ich habe nichts gesagt.“

„Doch, doch!“, widersprach Roy, „Sie haben…“

Dann hob er den Blick zur Decke.

„Danke, Pater“, flüsterte er.

Er hob Hermines Fixierung auf, legte ihre beiden Zauberstäbe vor sie auf den Schreibtisch und steckte seinen eigenen wieder ein.

„Ich gehe dann“, brummte er.

Hermine starrte ihn völlig verblüfft an.

„Womit habe ich jetzt plötzlich verdient, dass Sie mich schonen?“

„Sie haben es nicht verdient“, erwiderte Roy und wandte sich zum Gehen.

„Roy?“

„Was denn noch?“, seufzte er und drehte sich noch einmal zu ihr um.

„Ich habe die Wahrheit gesagt, der Fluch ist wirklich gebrochen.“

„Ich weiß. Dass es Albus war und nicht Harry, hätten Sie nicht erfunden.“

„Und als ich vorhin gesagt habe, dass mir das, was ich getan habe, unendlich leidtut, war das sehr ernst gemeint!“

„Das glaube ich Ihnen sogar“, meinte Roy achselzuckend. „Es nützt mir nur nichts.“

„Können Sie mir verzeihen?“

Roy schüttelte den Kopf.

„Ich werde lernen müssen, ohne Arabella zu leben. Sie werden lernen müssen, mit Ihrer Schuld zu leben. Vielleicht verzeiht Gott Ihnen. Ich tue es nicht. Leben Sie wohl!“

Wieder wollte er sich zum Gehen wenden, da wurde der Raum schlagartig in grellsilbernes Licht getaucht. Roy kniff die Lider zusammen und brauchte einen Moment, um sich an die gleißende Helligkeit zu gewöhnen. Dann glaubte er seinen Augen nicht trauen zu können:

Der Patronus war eine Wölfin!

„Tu ihr nichts, mein Bärchen!“, rief Arabellas Stimme. „Der Dementor hat dich belogen, ich lebe und stehe vor der Tür! Mach auf!“

Roy sank auf die Knie und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Bitte, bitte, mach, dass das nicht wieder ein Traum ist!

Als er sich endlich traute, wieder aufzublicken und sich immer noch im Wohnzimmer Hermines knien sah, die unter Tränen lächelte, wagte er vorsichtig daran zu glauben.

„Öffnen Sie bitte die Tür. Wenn ich es tue und sie ist nicht da, verliere ich den Verstand.“

Hermine ergriff ihren alten Zauberstab und ging zur Tür:

Imperturbatio Ex!

Dann öffnete sie. Als Ersten sah sie Ron, der sie schluchzend an sich zog. An ihm vorbei drängte sich Arabella in die Wohnung und fiel Roy um den Hals, dessen Qualen der letzten sechsunddreißig Stunden sich in einem heftigen, kaum enden wollenden Weinkrampf entluden. Arabella strich ihm zärtlich durchs Haar.

„Alles ist gut, mein Bär, ich bin doch da! Niemand trennt uns.“

Während Hermine draußen vor der Tür von den zahlreichen Weasleys und Potters schier erdrückt wurde, blieb Arabella mit Roy, der abwechselnd lachte und weinte, in Hermines Wohnzimmer zurück. Allmählich beruhigte er sich wieder.

„Warum haben wir dich in Askaban nicht gefunden?“, wollte er schließlich wissen.

„Ich bin schon seit einer Woche nicht mehr in Askaban, ich war in der Gefängnisabteilung des St. Mungo. Die Heiler hatten Mitleid mit mir und ließen sich jeden Tag einen neuen Grund einfallen, mich nicht zurückzuschicken.“

„In all den Wochen war das Schlimmste der Gedanke, dass die Dementoren dich haben und das Glück aus dir herausziehen.“

„Oh, das haben sie versucht“, erwiderte Arabella unter einem seltsam schelmischen Lächeln. „Sie haben es sogar ziemlich erfolgreich versucht. Ich glaube, so viel Glück wie aus mir haben sie noch aus niemandem herausgeholt.“

„Und deswegen musstest du auch ins St. Mungo?“

„Nein, eigentlich nicht deswegen“, sagte Arabella, und ihr Lächeln wurde immer breiter. „Sie konnten Glück aus mir herauspumpen, so viel sie wollten, es wurde einfach nicht weniger. Ich hatte eine unaufhörlich sprudelnde Glücksquelle bei mir.“

„Was denn für eine?“, fragte Roy verdutzt.

„Dich, mein Bärchen.“

„Mich? Ach, du meinst das Zeichen, das ich in der Nacht eurer Verhaftung im Hof hinterließ?“

Sie schüttelte strahlend den Kopf.

„Das hat mich zwar sehr glücklich gemacht, aber das meine ich nicht.“

„Sonst war ich aber doch höchstens in einem moralischen Sinne anwesend.“

„Oh nein“, gluckste sie, „in einem sehr physischen Sinne. Physischer geht es eigentlich gar nicht! – Oh, du bist so süß, wenn du so begriffsstutzig dreinschaust!“

Roy sah in der Tat aus, als könne er nicht bis drei zählen.

„Also“, versuchte sie ihm auf die Sprünge zu helfen, „eigentlich warst nicht direkt du bei mir, aber etwas von dir, etwas Wichtiges.“

„Ja? Was denn?“

Sie schüttelte sich vor Lachen, bevor sie sich vorbeugte, ihren Mund dicht an sein Ohr führte und flüsterte:

„Dein Kind.“

„Was?“ Jetzt schaute er leicht angekifft drein, ungefähr so, als hätte sie ihn soeben mit dem Imperiusfluch belegt. Sie kicherte wieder und nickte zur Bestätigung, dass er sich nicht verhört hatte.

„Die Dementoren konnten mir nichts anhaben: Egal, wie viel Glück sie absaugten, es erneuerte sich ganz von allein. Weil ich wusste, dass ich dein Kind zur Welt bringen würde!“

„Ja, aber wenn sie dich vorher hingerichtet hätten?“

„Hätten sie nicht. Magisches Gesetz: Schwangere dürfen nicht exekutiert werden. Außerdem wusste ich, dass du mich herausholen würdest.“

„Seit wann weißt du von der Schwangerschaft?“

„Sie haben es bei der Einlieferungsuntersuchung in Askaban festgestellt. Seitdem wurde ich einmal die Woche zur Untersuchung ins St. Mungo geschickt. Zuletzt haben sie mich einfach dabehalten.“

„Es ist doch hoffentlich nichts Ernstes?“, fragte Roy erschrocken.

„Ach was, es ist überhaupt nichts! Ich sage doch, sie haben sich immer neue Vorwände ausgedacht.“

„Wann ist es soweit?“, wollte er wissen.

„Um den zehnten Oktober herum.“

„Zehnter…“ Er stutzte. „Zehnter Oktober, sagst du?“

Sie grinste. „Ein Schuss, ein Treffer.“

Sie hatten alles um sich herum ausgeblendet und nicht gemerkt, dass die Potters und Weasleys hereingekommen waren und um sie herumstanden, bis Roy jemanden an seinem Umhang zupfen fühlte.

„Habe ich das jetzt richtig verstanden?“, fragte Albus ihn aufgekratzt. „Ein kleiner MacAllister ist im Anmarsch?“

Roy umarmte ihn und hob ihn sogar hoch. „Yep! Und wenn es ein Junge wird, heißt er Albus!“ Dann erst fiel ihm ein, dass er wohl Arabella fragen sollte, die ihm aber nur lachend zunickte.

„Wie kommt es eigentlich, dass ihr alle vor der Tür gestanden habt?“, fragte Roy.

„Wir warteten im Fuchsbau auf Hermine“, erzählte Albus. „Als sie nicht kam, kehrten wir alle ins Ministerium zurück und trafen dort Arabella – Susan Bones hatte nach ihr geforscht und sie aus dem St. Mungo holen lassen. Dann sind wir alle hierher. Als wir merkten, dass die Tür mit einem Imperturbatio gesichert war, wussten wir, dass du mit Hermine drin sein musstest. Gott sei Dank ist Arabellas Patronus noch rechtzeitig gekommen.“

„Ist er nicht“, warf Hermine ein. „Als der Patronus erschien, hatte Roy seinen Plan schon von sich aus aufgegeben, sonst wäre es zu spät gewesen.“

Roy ging auf Hermine zu.

„Trotzdem bin jetzt ich derjenige, der Sie um Verzeihung bitten muss. Ich habe Sie gequält, das tut mir leid.“

„Sie waren selber ein Gequälter“, antwortete sie sanft. „Wie wäre es, wenn wir uns einfach gegenseitig verzeihen würden?“

Zur allseitigen Überraschung fielen sie einander in die Arme, die Ministerin und ihr erbittertster Gegner, der beinahe ihr Mörder geworden wäre.

„Siehst du, Roy?“, strahlte Albus, als sie sich losließen. „Ich habe es dir immer gesagt: So ist sie wirklich!“

Roy lächelte. „Deine beste Freundin und der klügste und liebenswerteste Mensch, den du kennst, Al, ich weiß. Du hast so fest an sie geglaubt, dass ich gar nicht anders konnte, als ebenfalls daran zu glauben – nur in den letzten sechsunddreißig Stunden wollte ich es nicht mehr wissen.“

„Deine beste Freundin?“, fragte Rose leicht pikiert.

„Nur unter den Erwachsenen“, beschwichtigte Albus sie.

Hermines Augen flitzten zwischen beiden hin und her.

„Mein Kind, Voldemort hat deine Briefe nicht gelesen, damit ich sie nicht lesen konnte. Gibt es etwas, das ich als Mutter wissen sollte?“

„Es stand auch nicht in meinen Briefen.“ Rose schlug etwas verschämt die Augen nieder. „Ich traute mich nicht, dir zu schreiben, dass ich ausgerechnet mit einem Unbestechlichen…“ – sie lief rot an und warf Albus einen schnellen Blick zu – „…nun ja, gehe.“

„A propos – wo sind eigentlich die Unbestechlichen?“, fragte Roy.

„Die warten noch in… im Versteck. Sie trauten der Aufhebung der Haftbefehle nicht ganz.“

„Dann wollen wir sie mal holen.“ Er zog den Zauberstab. „Expecto Patronum!“

Während der wahrscheinlich eindrucksvollste Patronus in der Geschichte der Zauberei sich auf den Weg nach Rockwood Castle machte, fragte Harry Roy und Arabella:

„Sagt mal, ihr beiden, wie stellt ihr euch das eigentlich vor mit einem Kind? Ihr seid noch Schüler, und nächstes Jahr habt ihr eure UTZ-Prüfungen! Wovon wollt ihr leben?“

„Das dürfte wohl das geringste Problem sein“, mischte George sich ein. „Ron und ich haben während unseres Arrests viel nachgedacht. Wir haben ein Angebot für dich“, wandte er sich an Roy, der fragend die Brauen hochzog.

„Du meldest magische Patente auf deinen Muggelbesen und deine Wasseruhr an“, erläuterte George. „Wir produzieren sie in Lizenz, und du kassierst die Lizenzgebühren. Wenn wir das vermarkten, werden es Renner, das verspreche ich dir. Davon kannst du notfalls zehn kleine MacAllisters ernähren.“

„Ihr habt aber doch hoffentlich nicht vor“, fragte Roy misstrauisch, „den Muggelbesen in der Muggelwelt zu verkaufen?“

„Um Gotteswillen, nein!“, beeilte George sich zu versichern. „Nur für Squibs. Die Muggel werden auch weiterhin mit ihrer eigenen Technik auskommen müssen.“

„Dann gerne“, strahlte er.

„Hast du noch mehr in petto?“

„Zauberspiegel, die wie Handys benutzt werden können“, erwiderte Roy. „Ich bin noch nicht ganz fertig damit, bis jetzt schaffe ich nur permanente Konferenzschaltungen, aber die haben sich in Askaban bewährt, das andere werde ich noch austüfteln.“

George, der vor seinem geistigen Auge schon die Galleonen regnen sah, grinste zufrieden. „Sobald du deine UTZ hast, wartet ein üppig bezahlter Job als Entwicklungschef auf dich. Nicht, dass dich noch die Konkurrenz abwirbt!“

Nun mischte Hermine sich ein: „Trotzdem sehe ich immer noch nicht, wie ihr zur Schule gehen und euer Kind großziehen wollt. Oder soll es wieder so laufen wie üblich – die Frau bleibt zu Hause, damit der Mann Karriere machen kann?“

„Selbst wenn es so wäre“, versetzte Arabella spitz, „ginge es das Zaubereiministerium nichts an.“

„Es wird aber nicht so sein“, vernahm man nun eine autoritätsgewohnte Stimme. Minerva McGonagall, von Harry per Zauberspiegel herbeigerufen, hatte unbemerkt den Raum betreten. Alle drehten sich zu ihr um.

„Ich werde nicht zulassen, dass zwei meiner besten Schüler ihre UTZ nicht machen können, nur weil sie ein Kind haben. Hogwarts ist groß genug, dass wir Ihnen eine kleine Wohnung zur Verfügung stellen können. Und den Unterricht können Sie notfalls abwechselnd besuchen. Wie sagten Sie doch so schön, Mister MacAllister? Der Unterricht findet auch ohne Sie statt, und wenn Sie gefragt werden, wissen Sie alles?“

Roy grinste.

„So ist es, Frau Professor. Vielen Dank für die Unterstützung!“

Nun stürmten die übrigen Unbestechlichen – Ares, Julian, Orpheus, Scorpius und Bernie – zur Tür herein, fielen zuerst Arabella um den Hals und ließen sich dann von Roy erzählen, was alles passiert war.

An der Stelle angelangt, an der Hermine ihm versicherte, dass sie nicht mehr unter dem Fluch stehe, wollte Roy von Albus wissen:

Hermine hat erwähnt, dass du derjenige warst, der Voldemorts Fluch gebrochen hast. Wie hast du das eigentlich gemacht?“

„Gar nicht. Ich habe nur denjenigen zu Hilfe gerufen, der Voldemort dann tötete und seinen Fluch brach.“

„Ach ja? Wen denn?“

Salazar Slytherin.“

Auf die konsternierten Blicke der Unbestechlichen hin fügte er hinzu:

„Ein Teil seiner Seele wohnt in der Schlange, die unseren Gemeinschaftsraum bewacht. Diese Schlange konnte ich zu Hilfe rufen, weil ich… ehrlich, ich will nicht angeben, aber er hat es mir gesagt… Ich konnte sie rufen, weil ich Slytherins Erbe bin.“

„Slytherins Erbe?“, fragte Roy ungläubig.

„Ursprünglich war es mein Vater – bis er sich für Gryffindor entschied.“

Ares fand seine Sprache als erster wieder und meinte mit einer gewissen Selbstgefälligkeit:

„Siehst du, Al, ich habe es doch immer gesagt: Mehr Slytherin als du kann man gar nicht sein!“

Während die Gespräche weitergingen, setzte Albus sich neben Rose aufs Sofa, legte den Arm um sie und genoss das Gefühl, rundum glücklich zu sein. Er hatte weder seinen Vater noch Hermine noch Roy verloren, seine Eltern, die Weasleys und die Unbestechlichen waren frei, Arabella am Leben und Rose seine Freundin. Alles war gut.

Alles?

Er sah Roy wieder auf Hermine zugehen.

„Eine Frage noch, Frau Ministerin“, sagte Roy.

„Für Sie Hermine. Oder finden Sie immer noch, wir sollten einander nicht beim Vornamen nennen?“, fragte sie und klang fast gekränkt.

Roy zögerte einen Moment, lächelte dann aber doch:

Hermine… Wie viel von Ihrer Politik beruhte wirklich auf Voldemorts Ideen, wie viel auf Ihren eigenen?“

Schlagartig wurde es still, und einige Weasleys verdrehten die Augen. Wollte Roy wirklich in diesem Moment über Politik diskutieren?

„Die Ziele“, erwiderte Hermine, „waren meine eigenen, zu den Methoden hätte ich ohne Voldemorts Einfluss nicht gegriffen.“

„Heißt das, Sie wollen diese Politik fortsetzen, nur ohne Amasi und Dementoren?“

Hermine schwieg eine Weile. Sie war immer noch angeschlagen und konnte ihre Gedanken nicht so schnell sortieren wie üblich. Roy wartete geduldig, bis sie leise antwortete:

„Ich werde viel nachdenken müssen. Ich glaube immer noch, dass die Öffnung zur nichtmagischen Welt viele Vorteile für beide Seiten brächte, und ich glaube immer noch nicht, dass Ihre Ideen mir besonders sympathisch sind, Roy…“

„…was vielleicht damit zusammenhängt, dass Sie sich nie die Mühe gemacht haben, sie kennenzulernen.“

„Ich komme gerne auf Ihr früheres Angebot zurück, darüber zu sprechen. Eines habe ich aber begriffen: Ohne Amasi und Dementoren“, – sie räusperte sich –, „und ohne den Imperiusfluch gegen Northwood und Prantice könnte ich diese Politik nicht durchsetzen, denn selbstverständlich ist mir klar, dass ich eine riesige Mehrheit gegen mich habe, sobald Allen bewusst wird, dass dieses Projekt auch Schattenseiten hat. Ich stehe zu meinen Ideen, aber ich glaube nicht, dass ich das Recht habe, die magische Gemeinschaft zu ihrem Glück zu zwingen. Ich kann auch über das, was geschehen ist, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen… Ich werde zurücktreten.“

Alle starrten sie entgeistert an.

Hermine?“, fragte ihr Mann schließlich besorgt, als befürchte er, sie könne einer Geisteskrankheit anheimgefallen sein.

„Das ist mein Ernst, Ron. Ich will keine Politik machen, die einen Bürgerkrieg ebenso voraussetzt wie zur Folge hat. Ich will keine Politik machen, die nur funktioniert, wenn die Slytherins entweder korrumpiert oder kriminalisiert werden. Ich will, dass der Zauberer-Bürgerkrieg endlich beendet wird.“

„Er ist seit zwanzig Jahren beendet“, entgegnete Ron.

„Eben nicht. Wenn es so wäre, wäre es nicht möglich gewesen, einen Teil der Gesellschaft zum öffentlichen Feind zu erklären und damit Politik zu machen. Wir haben ihn nie beendet, Ron.“

„Ja, aber wer soll denn dein Nachfolger werden?“, fragte Ron besorgt.

„Tja“, erwiderte Hermine und wandte sich – nicht ohne Schadenfreude – Harry zu. „Jetzt wirst wohl du in den sauren Apfel beißen müssen, Harry!“

„Oh nein“, stöhnte dieser.

„Oh doch!“, warf Roy nun energisch ein. „Hermine hat es auf den Punkt gebracht: Der Magische Staat, die magische Welt kranken daran, dass sie immer noch im Bürgerkriegsmodus sind. Wer soll diesen Krieg beenden, wenn nicht du, Harry – ein Gryffindor, der Slytherins Erbe war?“

Dem ließ sich schwer wiedersprechen.

„Aber wenn Sie Minister werden“, wandte sich Bernie schüchtern an Harry, „gilt denn dann meine Sondergenehmigung für Hogwarts noch?“

Harry beruhigte ihn: „Ich werde sie bestimmt nicht aufheben.“

„Ich fürchte“, schaltete sich nun McGonagall ein, „darauf kommt es nicht mehr an, Mister Wildfellow. Ich habe lange mit Ihrem Vater gesprochen. Nachdem Sie verschwunden waren, fand er, dass es in der magischen Welt allzu rau und wild zugeht. Er war außer sich, dass Sie in den Untergrund gegangen waren, und sagte, Sie seien bei uns zum Extremisten geworden…“

„Typisch Politiker“, knurrte Roy dazwischen. „Sie selber kehren das Unterste zuoberst, aber Extremisten sind immer die Anderen…“

McGonagall schmunzelte und fuhr fort:

„Ich habe Ihrem Vater gesagt, dass Sie trotz Ihrer jungen Jahre imstande waren, eine eigenständige moralische Entscheidung zu treffen und zu verantworten. Und dass er, selbst wenn ihm die Entscheidung nicht gefällt, ebenso stolz darauf sein sollte, Sie zum Sohn zu haben, wie ich es bin, Sie zum Schüler zu haben.“

Das haben Sie ihm gesagt?“, strahlte Bernie.

„Ich habe nur die Wahrheit gesagt“, antwortete McGonagall, ohne eine Miene zu verziehen. „Ich glaube aber, nachdem er es aus dieser Sicht sah, war er wirklich ein bisschen stolz. Trotzdem verlangte er von mir, Sie zurückzuschicken, sobald Sie wieder auftauchen.“

„Sofort?“, fragte Bernie entsetzt.

„So wollte er es. Ich konnte ihn glücklicherweise überreden, Sie wenigstens noch dieses Schuljahr in Hogwarts beenden zu lassen.“

Bernie starrte traurig vor sich hin.

„Es wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein…“

„Ich habe Ihrem Herrn Vater gesagt, dass Sie ein in vieler Hinsicht hochtalentierter Schüler sind, aber ich konnte und durfte ihm nicht verschweigen, dass Sie nun einmal nicht zaubern können. Ich bin den Eltern meiner Schüler Rechenschaft schuldig und darf sie nicht belügen.“

Bernie nickte.

„Natürlich nicht… Also nur noch dreieinhalb Monate“, seufzte er. „Und ich werde nie für Slytherin Quidditch spielen…“

 

 

Es war schon spät am Abend, als die Unbestechlichen sich in McGonagalls Büro, durch dessen Kamin sie gekommen waren, von der Schulleiterin und von den Gryffindors verabschiedeten und sich auf den Weg in ihre Untergeschosse machten. Bernie war sehr still.

„Lass den Kopf nicht hängen“, bat Albus. „Fünfzehn Wochen bleiben uns noch.“

„Fünfzehn Wochen“, meinte Bernie bitter, „sind eine Ewigkeit, wenn es auf Weihnachten zugeht, aber verdammt kurz, wenn es die Zeit ist, die man noch mit seinen Freunden verbringen kann.“

„Aber wir bleiben doch Freunde!“, beharrte Scorpius. „Wir können uns in den Ferien immer sehen!“

„Ihr könnt mich besuchen, aber ich kann die magische Welt ohne eure Hilfe nicht einmal betreten.“

„Das lässt sich ändern“, wandte Roy ein. „Lass uns morgen in die Bibliothek gehen, soweit ich mich erinnere, gibt es dafür einen Zaubertrank. Damit kommst du zum Gleis Neundreiviertel, in die Winkelgasse und nach Hogwarts. Wenn du zum Beispiel zu den Schulbällen eingeladen wirst…“

„Wieso sollte ich eingeladen werden?“

„Bernie“, – Roy schüttelte den Kopf –, „du bist und bleibst einer von uns, selbstverständlich wirst du eingeladen. Und wenn dich die Muggel zu sehr ärgern, hast du immer Zutritt zur magischen Welt. Überhaupt müssen wir dich für dein Exil in der Muggelwelt ausstatten: Deinen Besen behältst du, aber flieg bitte nicht tagsüber damit…“

„Versprochen“, grinste Bernie.

„Du behältst deinen Zauberstab und den Zauberkraftverstärker, wer weiß wozu du beides noch brauchst. Außerdem bekommst du das hier…“

Roy kramte in den Taschen seines Umhangs und zog mehrere Fläschchen und leere Kapseln hervor, die wie farblose Himbeeren aussahen.

„Was ist das?“, fragte Bernie interessiert.

Vielsaft und die Verzögerungskapseln dafür. Nur vorsorglich“, grinste er. „Achte nur darauf, die Geheimhaltung der magischen Welt nicht zu gefährden.“

„Verlass dich darauf. Ich mache mir doch nicht selber meinen Zufluchtsort kaputt!“

Und auf Roys fragenden Blick hin:

„Vielleicht ist es besser, dass ich in die Muggelwelt zurückkehre, aber vielleicht muss ich irgendwann aus ihr fliehen. Du hast einmal gesagt, ich würde mich entscheiden müssen, ob ich um Politik einen Bogen mache oder nicht. Ich habe mich entschieden: Ich werde es nicht tun. Ich werde die Muggelwelt nicht Leuten wie meinem Vater überlassen! – Ja, ich weiß, ich soll froh sein, dass ich ihn habe. Bin ich ja auch, als Vater ist er ganz prima. Aber deswegen muss ich mich noch lange nicht freuen, dass das Land ihn zum Premierminister hat. Ich habe zu Hause viel über Politik gelernt, und was ich noch nicht wusste, hat mein Vater mir mit seinem Brief per Schocktherapie beigebracht. Ich glaube auch, dass ich Talent habe…“

„O ja“, unterbrach ihn Roy, „als du den Brief deines Vaters zerpflücktest, dachte ich, dass ich den Politiker nicht beneide, der sich dir einmal zum Streitgespräch stellen muss.“

Bernie lächelte geschmeichelt.

„Ich werde auch Politiker, aber so wie mein Vater werde ich nicht! Ich werde die Leute nicht belügen!“

„Du solltest aber eines bedenken, Bernie“, wandte Roy behutsam ein. „Dein Vater ist genau deshalb ein erfolgreicher Politiker, weil er so ist, wie er ist. Er spielt nach Regeln, die er nicht gemacht hat, aber befolgt. Täte er es nicht, wäre er nicht Premierminister. Man hätte ihn gar nicht erst hochkommen lassen. Ein Unbestechlicher wird in einem solchen System nichts.“

„Umso schlimmer für das System“, konterte Bernie trocken. „Dann werde ich eben oppositionell. Oder revolutionär. Von meinem Vater habe ich gelernt, wie Politik funktioniert. Von dir habe ich gelernt, was man ihr entgegensetzen muss!“

„Von mir?“ Nun war es an Roy, geschmeichelt zu lächeln.

„Natürlich. Du bist der erste muggelstämmige Vertrauensschüler, den Slytherin je hatte. Damit warst du eigentlich berufen, Hermines Liebling zu werden. Du hättest nur zu wollen brauchen, und deine Karriere wäre eine Autobahn gewesen – allerdings um den Preis, dass dann auch Hermine, beziehungsweise Voldemort, freie Bahn gehabt hätte. Stattdessen hast du ihr unbeirrbar widersprochen und widerstanden. Du hast sie gezwungen, Farbe zu bekennen, und du hast das Bündnis mit Harry zustande gebracht. Du hast dich nicht verbiegen lassen, und deshalb hast du erreicht, dass sie zurücktritt. Solche Leute wie dich werde ich mir suchen. Ich werde meine Unbestechlichen auch in der Muggelwelt finden!“

(In der Tat sollte einige Jahre später in Eton eine Gruppe von Schülern von sich reden machen, die sich „die Unbestechlichen“ nannte. Aber das ist eine andere Geschichte.)

„Ich sag’s doch“, lächelte Roy. „Du bist und bleibst einer von uns.“

Sie hatten nun den Eingang zum Gemeinschaftsraum erreicht. Wie auf Verabredung traten Roy, Arabella, Bernie, Scorpius, Ares, Julian und Orpheus zur Seite. Albus legte die Hand auf den Kopf der Schlange, die ihn mit dem vertrauten Gruß empfing:

„Guten Abend, Albus!“

„Guten Abend, Salazar.“

 

ENDE

5 Gedanken zu „68 – Das Ende des Zaubererkrieges

  1. Meine Gratulation! Ich kenne alle HP-Bände aus meiner Kindheit und habe nun hier diese sehr gute und kluge Fortsetzung gelesen. Als nichts anderes würde ich das Werk bezeichnen wollen! Sie haben nicht versucht, einfach Ihre Geschichte, Ihre Konzepte einer fremden Welt gewaltsam aufzupfropfen, sondern nur weiterentwickelt, was in Rowlings Bänden schon angelegt war. Ja sogar, kleine Widersprüche haben sie aufgehoben, indem Sie sich darauf bezogen haben (So sagt Ginny, Hermine hätte am Bahnhof – Epilog – jüngst noch mäßigend in die Konflikte zwischen den Häusern eingegriffen). Neben der entelechischen Fortsetzung (Elfenbefreiung; Muggeleinbindung) des Stoffes haben Sie geschafft, sich viele Traditionen anzueignen und sie weiterzuführen, was ein bruchloses Lesen ermöglicht:
    Die lustigen Metaphern und Scherze „Versuch mal, den Koffer selbst zu tragen, wenn dir dein Hauself mit Selbstmord droht“, die durchdachten magischen Konzepte, die sprühenden Dialoge. Die Geschichte geht einfach weiter.
    Auch der Detailreichtum ist original! Etwa die Facettenaugen des Fliegenanimagus und die damit verbundenen Wahrnehmungsschwierigkeiten.
    Ich habe mich besonders über die intertextuellen Verweisen gefreut: T. B. Buch über Manipulation; der unselige Kolumnenschreiber Heribert usw.

    Ist das Ihr belletristisches Erstlingswerk? Ihre soziologischen/politikwissenschaftlichen Werke sind mir natürlich bekannt (sonst hätte ich auch Ihre FF nicht gelesen – habe eigentlich keine Zeit für so etwas) – ich vermute, das ist aber eine völlig andere Art des Schreibens. Stimmt das?

    Ich habe das Buch zwei Leuten weiterempfohlen und auch diese waren begeistert.

    Natürlich ist mir nicht jedes Detail gänzlich überzeugend erschienen, so etwa, dass Anderson keine Vorbereitungen gegen eine Stürmung Askabans trifft, obwohl er weiß, dass ein Versuch zumindest geplant war und daher trotz Ausfall der Weasleys nicht gänzlich unmöglich ist; dass Malfoy die (Muggel-)Reißverschluss-Lippen-Bewegung kennt; Migräne bei Magiern; dass sämtliche Richter so leicht dem Imperiusfluch zu unterwerfen waren (wobei sich einwenden lässt, dass diejenigen, die sich erfolgreich widersetzen konnten, wohl nicht in der Abstimmung durchsetzen konnten/bzw. überhaupt nicht zu diskutieren gewagt hätten); dass die Möwe Roy sofort fliegen kann (sieht man einem jungen Vogel beim Fliegenlernen zu, sieht man, wie viel Arbeit das ist.); dass Harry in all den Jahren als Auror nie ein Animagus wurde und daher noch die Fliege wählen kann; ggf. noch, dass Cesar Anderson so etwas wie die Verhexung der Richter mitgekriegt haben müsste und das nicht einmal formal legitimierbar war usw. usf.

    Natürlich ist das wohl oft einfach für die Geschichte notwendig gewesen und passt z.T. auch besser, als selbst Rowlings Schilderung (Das traditionsreiche Schlangenrelief in den 40ern einfach abzubauen, mutet zwar recht unwahrscheinlich an – einfach nur durch ein langweiliges Stück Wand zu gehen, wie Rowlings das im 2. Band – habe nachgesehen – schildert, passt aber noch viel weniger zum Stil des Hauses.) Auch dass die elfjährigen Erstklässler recht erwachsen denken und überhaupt die Unbestechlichen recht ideal geschildert werden und Roy geradezu als Übermensch/-zauberer stört durchaus nicht – im Gegenteil!

    Die Figuren haben einen ganz eigenen, vielschichtigen Charakter: Roy, der die Flugzeuge den Besen meilenweit überlegen sieht, aber im Muggelkundeunterricht die Hubschrauber schlecht macht, um den Kollegen die Muggel-Technologien madig zu machen. Aber auch die „Nebenfiguren“ wie Scorpius oder James wer-den alle ausführlich genug vorgestellt, um sich ein Bild von ihnen machen zu können.

    Weil ich das Buch ein paarmal ausdrucken, binden und verschenken werde (ist hoffentlich kein Problem? Statt Tantiemen – ich bekomme ja kein Geld herein – hätt‘ ich Ihnen zwei Bücher geschickt, damit Sie etwas fürs Regal haben. Wenn Sie eine Widmung voranstellen wollen, können Sie sie mir noch mitteilen, dann füge ich sie ein), habe ich es sehr genau gelesen:

    Meiner Rechnung nach (sich auf die Jahrgangsstärken beziehend) dürfte McGon-nagal in ihrem Leben eher höchstens 10 000 Schüler, zwischen 6 000 -9 000 unterrichtet haben. Ich habe die Stelle entsprechend in „tausende abgeändert“

    Ist der Wert eines Goldringes mit den Ersparnissen von vier Jahren Ferialjob nicht etwas hoch? Freilich, Smaragde können unbegrenzt viel kosten, aber es wird ja auf die Kosten des Goldes hingewiesen.

    Die Galleonen werden in den Unbestechlichen überhaupt recht niedrig bewertet. Die magischen Pillen also gemessen an den Preisen von Zauberstäben, Rennbesen und Gewinnen sehr, sehr teuer. Wieso werden überhaupt so viele davon gebraucht, wenn sie doch nicht den Magen verlassen und wiederverwendet werden könnten?

    Interessehalber: Sind 125 000 Euro als Einnahme der Nacht für ein Bordell realistisch? Ich habe keine Ahnung. Oder wurden die Einnahmen nur dem Safe hinzugefügt, wo bereits mehr akkumuliert war?

    Eine letzte Frage: Wie sind Sie auf die verkehrten Botschaften des Unterbewusstseins gekommen? Spielt ja doch eine wichtige Rolle im Buch. Meinen Sie, dass das Unterbewusstsein sich solcherart mitteilen kann oder war es einfach für die Ge-schichte notwendig?

    Freundlichen Gruß!

    • Hallo,

      vielen Dank erst einmal für die ausführliche Rezension, das Lob und die Kritik. Dass Sie das Buck ausdrucken und binden wollen, finde ich natürlich großartig. Ganz recht: Solange Sie kein Geld damit verdienen, habe ich kein Problem damit, und die Autorin der Originalreihe wahrscheinlich auch nicht (ich kann selbstredend keine bindenden Zusagen in Rowlings Namen machen, aber sie duldet es im Allgemeinen).

      Und ja, wenn Sie ein Exemplar für mich übrig hätten, wäre ich begeistert. Mit Ihrer Korrektur der Schülerzahl bin ich einverstanden. Ich kann mich nicht erinnern, wie es zu meinem Rechenfehler gekommen ist, aber es war in der Tat einer.

      Ist das Ihr belletristisches Erstlingswerk? Ihre soziologischen/politikwissenschaftlichen Werke sind mir natürlich bekannt (sonst hätte ich auch Ihre FF nicht gelesen – habe eigentlich keine Zeit für so etwas) – ich vermute, das ist aber eine völlig andere Art des Schreibens. Stimmt das?

      Es ist tatsächlich mein belletristischer Erstling, und ja, ein Roman erfordert eine andere Art des Denkens und Schreibens – knapp gesagt: mehr träumen, weniger denken –, auch wenn meine Erfahrung als Sachbuchautor mir sicherlich geholfen hat, den komplexen Stoff zu organisieren. Ich muss auch sagen, es hat einen Heidenspaß gemacht und wird nicht mein letzter Roman gewesen sein. Nur, dass der nächste keine Fanfiction sein wird – irgendwann sollte ich auch Geld damit verdienen.
      Ein paar Anmerkungen zu den Kritikpunkten:

      …dass Anderson keine Vorbereitungen gegen eine Stürmung Askabans trifft, obwohl er weiß, dass ein Versuch zumindest geplant war und daher trotz Ausfall der Weasleys nicht gänzlich unmöglich ist…

      Er trifft sehr wohl Vorbereitungen, unterschätzt aber die Fähigkeiten der Gegenseite – was ihm nur teilweise vorzuwerfen ist: Dass er den Calorate-Zauber nicht einkalkuliert, mag noch fahrlässig sein, aber er KANN schlicht nicht wissen, dass Albus Parsel spricht und die Befreier daher Schlangen einsetzen können. Ebenso wenig kann er wissen, dass die Weasleys und die Unbestechlichen durch die alten Todesser und die Malfoys ersetzt worden sind, und er musste auch nicht damit rechnen: Dass die seit 20 Jahren untergetauchten Todesser sich an der Befreiung Harrys beteiligen, musste jedem, der die Vorgeschichte kannte, absurd erscheinen. Anderson muss daher davon ausgehen, dass zu Roys Gruppe nur noch Victoire, James, Albus, Scorpius, Bernie und Rose gehören, aus seiner Sicht also ein Kindergarten.

      …dass Malfoy die (Muggel-)Reißverschluss-Lippen-Bewegung kennt

      Ich finde, dass Rowling die Ignoranz der Zauberer gegenüber der Muggelwelt ein wenig übertrieben hat. Dadurch gelingen ihr zwar ein paar lustige Szenen (etwa Rons Versuch, ein Muggeltelefon zu benutzen), aber es ist schon hart am Rande der Plausibilität, zumal die Zauberer von der Muggelwelt umgeben sind und immer mal wieder mit ihr zu tun haben. Ich halte es für durchaus möglich, dass Scorpius, der aus der Oberschicht stammt, und Albus, dessen Vater in der Muggelwelt aufgewachsen ist, zumindest wissen, was ein Reißverschluss ist, und dass die Geste des Verschließens durch die Kontakte, die es gibt, etwa durch muggelstämmige Zauberer, auch in der magischen Welt bekannt und vielleicht sogar in Mode gekommen ist.

      …Migräne bei Magiern…

      Warum nicht? Zumal es sich nicht um eine von selbst entstandene Migräne handelt, gegen die eventuell Zaubertränke geholfen hätten, sondern Hermines Seele diese Migräne bewusst herbeigeführt hat und durch ihre magischen Fähigkeiten möglicherweise in der Lage ist, die Gegenmittel zu neutralisieren.

      …dass sämtliche Richter so leicht dem Imperiusfluch zu unterwerfen waren…

      Bedenken Sie, dass Hermine unter dem Tarnumhang unsichtbar war, die Betroffenen daher nicht mit dem Imperiusfluch gerechnet haben und zwischen dem Abschluss der Beweisaufnahme und der Beratung des Gamots noch das Mittagessen lag, wodurch Hermine Zeit genug hatte, jeden Richter einzeln zu verhexen (Deswegen hatte sie das Mittagessen ja eigens angesetzt!).

      …dass die Möwe Roy sofort fliegen kann (sieht man einem jungen Vogel beim Fliegenlernen zu, sieht man, wie viel Arbeit das ist.)

      Roy braucht das Fliegen nicht zu erlernen, weil er einen ausgewachsenen Vogel dupliziert, in dessen Gehirn die Bewegungsabläufe beim Fliegen fest verdrahtet sind. Vorausgesetzt wird bei all dem freilich, dass der menschliche Wille und der menschliche Geist nicht unbedingt an die materielle Struktur des menschlichen Gehirns gebunden sind (sonst würde der Animagus-Zauber nämlich überhaupt nicht funktionieren, auch nicht mit Hirschen, Hunden und Ratten wie in der Originalreihe).

      …dass Harry in all den Jahren als Auror nie ein Animagus wurde und daher noch die Fliege wählen kann…

      Das finde ich gar nicht so seltsam: Mit der Verwandlung in einen Animagus ist die endgültige Festlegung auf ein bestimmtes Tier verbunden, und ich halte es für plausibel, dass die Auroren diese Festlegung so lange wie möglich vermeiden. Er wählt die Fliege erst, als es die wirklich einzige und allerletzte Möglichkeit ist, Hermine zu retten.

      …Cesar Anderson so etwas wie die Verhexung der Richter mitgekriegt haben müsste und das nicht einmal formal legitimierbar war…

      Wenn Anderson jemand wäre, der sich mit formaljuristischen Skrupeln belastet, wäre er nicht mit der Leitung einer Geheimpolizei betraut worden.

      Das traditionsreiche Schlangenrelief in den 40ern einfach abzubauen, mutet zwar recht unwahrscheinlich an…

      Ich vermute, Tom Riddle setzte als Vertrauensschüler (wer weiß, unter welchem Vorwand) den Abbau des Reliefs durch (daher „in den vierziger Jahren“), weil die Schlange sich seinen Wünschen widersetzte – Salazar Slytherin wusste ja, dass er nicht der Erbe war. Ich wollte diese Information ursprünglich in den Roman einbauen, fand aber keine Stelle, an der ich sie unterbringen konnte, ohne den Lesefluss zu behindern, daher habe ich sie weggelassen.

      Ist der Wert eines Goldringes mit den Ersparnissen von vier Jahren Ferialjob nicht etwas hoch?

      Ich vermute, dass Roy ein paar hundert Pfund zur Seite legen konnte (nicht mehr, denn die meiste Zeit verbrachte er ja in Bibliotheken), und davon kann man durchaus einen Goldring bezahlen. Billiger allerdings kann er bei den heutigen Kursen schlecht sein.

      Wieso werden überhaupt so viele davon gebraucht, wenn sie doch nicht den Magen verlassen und wiederverwendet werden könnten?

      Sie verlassen den Magen nicht, lösen sich aber darin auf – die Bläschen öffnen sich ja nacheinander, sodass nach einem Tag eine neue Pille erforderlich wird.

      Sind 125 000 Euro als Einnahme der Nacht für ein Bordell realistisch? Ich habe keine Ahnung. Oder wurden die Einnahmen nur dem Safe hinzugefügt, wo bereits mehr akkumuliert war?

      Ich vermute Letzteres. Grundsätzlich ist ein gut laufender Puff zwar zweifellos eine Goldgrube, aber sechsstellige Umsätze an einem einzigen Abend würde ich eher teuren Bordellen zutrauen, in denen jeder einzelne Freier vier-oder gar fünfstellige Beträge lässt. Das Bordell, dessen Einnahmen Roy stiehlt, dürfte eher ein Billigpuff sein, der aber durchaus viele Gäste haben kann, so dass die Masse es macht. Ein paar Tage wird der Inhaber eines solches Etablissements vielleicht brauchen, um 125 000 Euro zusammenzukriegen, aber wenn er den Safe nur alle paar Tage leert, sollte die Summe nicht utopisch sein.

      Wie sind Sie auf die verkehrten Botschaften des Unterbewusstseins gekommen? Spielt ja doch eine wichtige Rolle im Buch. Meinen Sie, dass das Unterbewusstsein sich solcherart mitteilen kann oder war es einfach für die Ge-schichte notwendig?

      Ich habe einmal davon gehört, dass es dieses Phänomen geben soll, und da es so schön in meine Geschichte passte, habe ich es übernommen.

      Nochmal vielen Dank für die Rezension, und wenn Sie wirklich ein physisches Buch daraus machen, würde ich mich über ein Exemplar freuen.

      • Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

        Sie bekommen zwei Bücher, eines, in dem ich Ihre Formatierung weitestgehend unverändert lasse und eines, in dem ich etwas experimentiere.
        Ich habe die mangelnden Schutzmechanismen weniger an den potentiellen Gegnern festgemacht – tut man das, ist wirklich kaum mit einem erfolgreichen Angriff zu rechnen – sondern an der Lage:
        Man wird einen sehr beliebten und prominenten Menschen exekutieren, die paar Stunden vor der Exekution hätte ich einfach wegen der Lage erhöhte Wachsamkeit befohlen. Eine Frage des Blickwinkels, würde ich sagen.

        Achso, die Migräne hatte ich auf Julians Mutter bezogen, nicht auf Hermine. Derartige Wehwehchen hielte ich für mit Magie problemlos zumindest symptomatisch kurierbar. Freilich, nur eine Ausrede. Auch eine Ausrede sollte aber nicht geradezu überraschend der Realität widersprechen.

        Zum Imperius hat mich nicht das Verhexen in der Masse überrascht (seriatim vorzugehen, ist so naheliegend, dass ich es mir eh genauso vorgestellt habe, wie Sie es beschreiben), sondern, dass die RICHTER nicht das gleiche Immunisierungsprogramm durchlaufen wie die Aurororen. In einer magischen Gesellschaft würde die Rechtspflege m. E. entsprechend geschützt sein, weil die entsprechende Einflussnahme sich sonst geradezu anböte. Ich habe gefolgert, dass die von Hermine neu eingesetzten Richter diese nicht durchlaufen haben und folglich zumindest eine Mehrheit für die Verurteilung möglich war. Hinzukämen einige reguläre Richter, die die Immunisierung nicht hinbekamen, aber wohl – wie in einer schlampigen Behörde naheliegend, trotzdem das hypothetische Zertifikat, den Lehrgang absolviert zu haben, ausgestellt bekamen.

        Selbst ohne Immunisierung möchte ich an die Bücher Rowlings erinnern: Selbst ohne entsprechende Ausbildung können sich Willensstarke wehren.

        In Ihrem Buch wirkt Anderson schon so, als lege er Wert darauf, formell das Recht nicht zu brechen: Dass die Ermächtigungen der Behörde rechtsphilosophisch gesprochen unzulässig weit gehen, hat ihn freilich nicht interessiert, heißt ja nicht Radbruch, der gute Mann: Die formellen Gesetze bricht er aber nicht.
        Hermine und Harry müssen das übrigens auch so sehen, sonst hätte man Anderson am Buchende nicht einfach weiter als Personenschützer behalten, sondern – bei seinem Alter selbst bei gnädiger Pensionierung in Ehren – in den Ruhestand geschickt.

        Danke für die Erklärungen! Das ist eine lustige Erfahrung, wenn man den Autor einfach fragen kann, was er sich gedacht hat 😀
        Würde man sich ja hie und da beim Lesen freuen.

        Für das leicht künstlerisch formatierte Buch hätte ich Sie noch gebeten, mir zu sagen, welche Absätze jeweils von wem stammen – ich habe zwar einen Verdacht, hätte diesen aber gerne bestätigt bzw. verneint(Ich weise entsprechende Handschriften zu):

        Guten Morgen Albus,

        herzlichen Glückwunsch zu der freundlichen Aufnahme, die du bei den Slytherins gefunden hast. Überrascht waren wir natürlich schon, aber nicht schockiert. Schon bei deinem Vater hat der Sprechende Hut damals zu Slytherin tendiert, du bleibst der Familientradition also durchaus treu, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht.

        Wir selbst hatten in unserer eigenen Schulzeit große Probleme mit den Slytherins, aber das hatte etwas mit der damaligen Situation zu tun und sollte Schnee von gestern sein. Der Sprechende Hut hat dich in ein Haus mit großer Tradition geschickt. Wir sind sehr stolz auf dich und glauben, dass du für Slytherin ein großer Gewinn bist und ihm Ehre machen wirst. Sicherlich ist dort manches anders als in Gryffindor, aber das heißt noch lange nicht, dass es schlechter sein muss.

        Die Gryffindors werden es schon verdauen. Ein bisschen traurig sind wir schon, dass unser altes Haus und sogar James und Rose sich als so schlechte Verlierer gezeigt haben, aber für sie war es eben doch ein Schock. Lass ihnen Zeit, ihn zu verarbeiten. Wir werden uns nicht einmischen, weil wir darauf vertrauen, dass sie von sich aus zur Einsicht kommen werden, und dass elterliche Ermahnungen dabei eher stören.

        Wirklich verblüfft hat uns das mit der Schlange. Es ist in der Tat so, dass man als Parselmund selbst nicht unterscheiden kann, ob man Parsel oder Englisch spricht oder hört. Wenn du die Schlange wirklich verstanden hast, die anderen aber nur ein Zischen gehört haben, spricht viel dafür, dass du tatsächlich Parsel beherrschst. Eine Erklärung dafür haben wir nicht, weil dein Vater diese Fähigkeit nicht von seinen Eltern geerbt hat und deshalb normalerweise auch nicht weitervererben kann. Sie war ein unfreiwilliges Geschenk von Voldemort. Dass man Parsel an seine Kinder weitergeben kann, ohne es selbst geerbt zu haben, ist unseres Wissens bisher nicht bekannt. Vielleicht wird sich einmal ein Wissenschaftler bei dir melden, um dieses Phänomen genauer zu erforschen.

        Jetzt aber viel Freude bei Deinem ersten Unterrichtstag!

        Es lieben und umarmen dich

        Papa und Mama

        Freundlichen Gruß!

        • Sie bekommen zwei Bücher

          Das ist aber nett, vielen Dank!

          Man wird einen sehr beliebten und prominenten Menschen exekutieren, die paar Stunden vor der Exekution hätte ich einfach wegen der Lage erhöhte Wachsamkeit befohlen.

          Nun ja, immerhin ist er persönlich vor Ort und hat die Bewachung des Gefangenentrakts seinen Auroren übertragen. Normalerweise hätte das genügt.

          Achso, die Migräne hatte ich auf Julians Mutter bezogen, nicht auf Hermine. Derartige Wehwehchen hielte ich für mit Magie problemlos zumindest symptomatisch kurierbar.

          Bestimmt. Nur muss dann eventuell ein Zaubertrank gebraut werden. Ein besonders liebevoller Mann würde das tun (Ron zum Beispiel, insofern ist es gut, dass Harry den Trick nie wirklich ausprobieren musste…), aber die Ehe der Lestranges scheint eher schief zu hängen, und außerdem wird dem Vater schon klar sein, dass es nicht mehr ist als eine höfliche Ausrede.

          …sondern, dass die RICHTER nicht das gleiche Immunisierungsprogramm durchlaufen wie die Auroren.

          So, wie ich es verstanden habe, ist der Gamot eher eine Art Honoratiorenversammlung, die von Zeit zu Zeit auch rechtsprechende Funktionen hat, und auch dies nicht als Richter, sondern als Geschworenenjury. Sie sind nicht Teil eines spezialisierten Beamtenapparats wie die Auroren, deswegen halte ich es für ganz normal, dass sie keine Sonderausbildung bekommen.

          Selbst ohne entsprechende Ausbildung können sich Willensstarke wehren.

          Wenn sie darauf vorbereitet sind, vielleicht. Sie werden aber ebenso wie die Kobolde im siebten Band aus dem Nichts heraus von einer Person verhext, die den Tarnumhang trägt.

          In Ihrem Buch wirkt Anderson schon so, als lege er Wert darauf, formell das Recht nicht zu brechen:

          Das stimmt, aber das tut er ja auch nicht, und was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Er war nach seiner Zeugenaussage weder im Gerichtssaal noch im Beratungssaal der Jury anwesend und auch bei der Urteilsverkündung nicht dabei. Er konnte es also gut ignorieren.

          Was die Aufteilung des Briefes angeht, so würde ich die Anrede und den ersten Absatz Ginny, die darauf folgenden Absätze abwechselnd Harry und Ginny zuschreiben.

          Danke nochmal.

  2. Ich habe „Das Buch“ jetzt schon zum zweiten Mal gelesen und werde es wohl irgendwann noch ein drittes Mal tun, so gut gefällt es mir. Allerdings werde ich dann vorher meine sämtlichen anstehenden Arbeiten erledigen und einen großen Freiraum schaffen, denn wenn ich mal dran bin, fesselt es so sehr, daß ich alles liegen und stehen lasse und nicht aufhöre, bis ich wieder das letzte Kapitel beendet habe. Ich liebe diese Atmosphäre.

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